Personen, die auf emotionale Erpressung im Sinne des Erpressers reagieren, kennen wahrscheinlich keine Alternative. Mit sehr großer Wahrscheinlichkeit wurden sie bereits als Kinder auf ähnliche Weise manipuliert. In jungen Lebensjahren weiß ein Mensch noch nicht, was richtig und was falsch bzw. was normal oder unnormal ist. Eltern sind dazu da, ihren Kindern diese Unterschiede beizubringen. Zählt emotionale Erpressung zum Alltag, wird diese Manipulationsstrategie von einem Heranwachsenden als etwas ganz Normales betrachtet. Woher sollen Kinder wissen, dass es sich um abartige Verhaltensmuster handelt, die lediglich dem Eigennutz des Erpressers dienen?
Später im Erwachsenenalter werden die in der Kindheit eingeübten Verhaltensweisen einfach weitergeführt, weil es im jeweiligen Moment die bequemere Variante darstellt. Oftmals wird auch einfach gar nicht darüber nachgedacht, dass ein solches zwischenmenschliches Verhalten in Wirklichkeit nicht der Norm entspricht. Sich gegen emotionale Erpressung auflehnen kostet viel Kraft. In besonders hartnäckigen Fällen wären sogar extreme Anstrengungen nötig, um sich dagegen zu wehren. Bereits angeschlagene Personen sehen sich deshalb häufig nicht in der Lage, gegen emotionale Erpressung aufzubegehren.
Erkennen ist immer der erste Schritt
Das Bewusstsein, dass emotionale Erpressung auf dem Aufbau von Schuldgefühlen beruht, bringt betroffene Personen in der Regel bereits ein großes Stück weiter. Stellt sich als nächster Schritt die Frage, wie sich das schlechte Gewissen erfolgreich abstellen lässt. Wer schon sein Leben lang ständig ein schlechtes Gewissen mit sicher herumtrug, kann sich nicht so schnell davon trennen. Das klingt für Nichtbetroffene sicherlich absolut unverständlich, aber alle, die emotionale Erpressung seit ihrer Kindheit kennen, bestätigen sicherlich diesen Tatbestand. Auch unter Zugrundelegung der allerbesten Vorsätze kommen die Schuldgefühle immer wieder hoch. Als wäre es eine Sucht, von der man nicht loslassen kann. Vermutlich handelt es sich sogar um eine Art von Abhängigkeit, die erst langsam aus dem Leben verabschiedet werden muss. Gefühle, vor allem die negativen, lassen sich leider nicht von heute auf morgen abstellen. Umso wichtiger wird ein kontinuierliches Gegensteuern, um endlich einen Weg aus der Gefühlsfalle zu finden und sich aus den Fängen von emotionaler Erpressung zu befreien.